In dem Buch Deep Work von Cal Newport geht es um das von ihm benannte Konzept des „tiefen“ oder konzentrierten Arbeitens. Da in der heutigen Welt immer mehr Arbeiten oberflächlicher Natur sind, gerät diese Fähigkeit zunehmend in Vergessenheit oder sogar in Verruf. Newport sagt, dass dies nicht nur ein Verlust ist, sondern auch eine Chance – denn wer Deep Work kultivieren kann, der räumt sich Vorteile in dieser Welt ein. Aber was genau ist Deep Work? Wie funktioniert das? Und lohnt es sich, sich damit auseinanderzusetzen?

Hast du schon einmal über Stunden hinweg völlig konzentriert an deinem Manuskript gesessen? Nichts hat dich abgelenkt, dein Gehirn lief auf Hochtouren und je länger du gearbeitet hast, desto intensiver wurden deine Gedankengänge? Diesen Zustand nennt man „Flow“ (wie beschrieben in dem Buch „Flow“ von Mihaly Csikszentmihalyi) und laut Cal Newport kann man diesen öfter erreichen, wenn man sich dem „Deep Work“ widmet.

Was genau ist Deep Work?

Cal Newport unterscheidet zwischen zwei Arten des Arbeitens: „Deep Work“ und „Shallow Work“:

Intensive Arbeit (Deep Work): Berufliche Tätigkeiten, die in einem Zustand ablenkungsfreier Konzentration ausgeführt werden und Ihre kognitiven Fähigkeiten bis an ihre Grenzen bringen. Diese Anstrengungen schaffen neue Werte, verbessern Ihre Fähigkeiten und sind schwer zu wiederholen.

„Deep Work“ von Cal Newport, Übersetzung von deepl.com

Das intensive, konzentrierte Arbeiten beschreibt er als Zeiteinheiten (von wenigen Stunden bis hin zu Tagen, Wochen oder Monaten) in denen man sich mit einer komplexen Aufgabe auseinandersetzt und diese zu lösen versucht. Dabei werden sämtliche Ablenkungen reduziert oder ausgeschaltet. Der Rückzug in eine einsame Hütte im Wald ohne Empfang, Internet, Handy und Fernseher ist hierbei das Extrembeispiel.

Oberflächliche Arbeit (Shallow Work): Nicht kognitiv anspruchsvolle, logistische Aufgaben, die oft unter Ablenkung ausgeführt werden. Diese Anstrengungen schaffen in der Regel keinen großen neuen Wert in der Welt und sind leicht zu wiederholen.

„Deep Work“ von Cal Newport, Übersetzung von deepl.com

Oberflächliche Arbeit dagegen sind all die kleinen gestückelten Aufgaben, die wir tagtäglich erledigen. E-Mails beantworten, telefonieren, Berichte schreiben, chatten, planen, sortieren etc. Er argumentiert nicht, dass diese Aufgaben per se nutzlos sind (wobei es hier auch Unterscheidungen gibt), aber er gibt zu bedenken, dass sie uns vom tiefen Arbeiten abhalten und die Qualität unseres Outputs negativ beeinflussen können.

Er geht in seinem Buch von der Idee aus, dass „[d]ie Fähigkeit, tiefe Arbeit zu leisten, […] immer seltener [wird], und zwar genau zu dem Zeitpunkt, zu dem sie in unserer Wirtschaft immer wertvoller wird. Infolgedessen werden die wenigen, die diese Fähigkeit kultivieren und sie zum Kern ihres Arbeitslebens machen, florieren.“

Wie erreicht man das?

Das Alltagsleben von Menschen ist sehr unterschiedlich. Für manche ist es vielleicht möglich – finanziell und zeitlich – sich in eine einsame Hütte zurückzuziehen und sich nur dem Schreiben zu widmen. Neil Gaiman hat einen Schuppen auf seinem Grundstück gebaut, der nur diesem Zweck dient. Bill Gates zieht sich zweimal im Jahr zu seinen „Think Weeks“ zurück, in denen er nur liest und sinniert und sonst völlig von der Welt abgeschnitten ist.


Doch für viele von uns ist so ein Vorgehen nicht möglich. Können wir deswegen das Prinzip nicht anwenden? Doch, natürlich. Viele Wege führen nach Rom.

Cal Newport unterscheidet vier verschiedene Angriffsstrategien:

  • Klösterlicher Ansatz (Mönche): Völliges Abkapseln von der Außenwelt, völlige Vermeidung von allen oberflächlichen Tätigkeiten. Rückzug an einsamen Ort und erst zurückkommen, bis man seine Aufgabe vollendet hat.
  • Bimodaler Ansatz: Ein Zeitblock von mehreren Tagen (mindestens einer) pro Woche wird für Deep Work geblockt. Die restliche Zeit ist für oberflächliche Arbeit reserviert.
  • Rhythmischer Ansatz: Jeden Tag wird ein Zeitblock von mehreren Stunden für Deep Work eingerichtet.
  • Journalistischer Ansatz (Fortgeschritten): Sobald man die Fähigkeit, sich in der Tiefe zu konzentrieren, kultiviert hat und sie auf „Knopfdruck“ abrufen kann, kann man diesen Ansatz nutzen. Hierbei wird jede freie Zeit am Tag (Minuten, Stunden) spontan für Deep Work verwendet.

Es liegt an jedem selbst, zu entscheiden, welcher Ansatz am besten mit dem eigenen Leben zu vereinen ist. Doch wenn das getan ist, sieht man sich häufig mit einigen Herausforderungen konfrontiert. Wir neigen heutzutage dazu, schnell zwischen Aufgaben zu wechseln (task switching) – nicht, weil wir das unbedingt wollen, sondern weil die Arbeitswelt es zunehmend von uns verlangt. Jeder Wechsel verbraucht Ressourcen, alte Aufgaben hängen im Gehirn nach wie Schatten, selbst wenn sie gelöst wurden. So wird unsere Fähigkeit, konzentriert zu arbeiten, im Verlauf des Tages immer schwächer.

Deswegen ist es wichtig, sein Leben Stück für Stück durch Routinen, Gewohnheiten und Tools zu bereichern, die unsere Willenskraft im Alltag zunehmend entlasten.

Beispiele hierfür sind:

  • Regelmäßigkeit: Wenn man eine gewisse Regelmäßigkeit in seine Deep Work Sessions hineinbekommt, werden sie irgendwann zur Gewohnheit und man muss sich nicht mehr aktiv dafür entscheiden, sie durchzuziehen. Nach Möglichkeit kann man sie jeden Tag zur selben Zeit stattfinden lassen, am selben Ort oder unter denselben Umständen („Rituale“).
  • Zeitbegrenzung: Legt man sich von vorneherein ein bestimmtes Zeitfenster für eine Aufgabe zurecht, dann ist sie eine Herausforderung und wird interessanter.
  • Elektronische Filter: Wenn ich beispielsweise oft in Versuchung gerate, meine E-Mails zu checken, hilft mir vielleicht ein Filter, der nur zweimal am Tag die Mails durchlässt. So muss ich die Entscheidung nicht mehr treffen, ob ich meine Mails checke oder nicht – es sind meistens einfach keine da.
  • Time Blocking und Task Bundling: Ein spezifischer Zeitblock wird für eine spezifische Aufgabe (oder ein Aufgabenset) reserviert, ähnliche Aufgaben werden zusammengefasst und gebündelt abgearbeitet.
  • Pausen: Man muss dem Gehirn Zeit geben, sich zu erholen, Gedanken einzusortieren und zu verarbeiten.

Cal Newport wirbt für die Idee, ganz auf Social Media zu verzichten. Doch für einige ist dies keine Option. Denn neben Ablenkung erfüllt Social Media vielleicht wichtige Funktionen für den einen oder die andere: Verbindung mit Gleichgesinnten, Inspiration, Austausch etc. Hier lädt er zumindest dazu ein, die Netzwerke, die man nutzt, auf Herz und Nieren zu testen – bringen sie wirklich einen Mehrwert oder nicht?

Das nennt er den Handwerker-Ansatz („The Craftsman Approach“)

  1. Die wichtigsten Ziele im beruflichen und privaten Leben bestimmen (kleine Anzahl, Grundlage für die spätere Auswahl).
  2. Für jedes Ziel zwei oder drei der wichtigsten Aktivitäten auflisten, die dir helfen, es zu erreichen.
  3. Für 30 Tage lang alle Netzwerktools (Instagram, Whatsapp, E-Mail) nach Möglichkeit nicht nutzen.
  4. Am Ende überlegen: Waren die Tage produktiver im Hinblick auf meine Ziele? Gab es negative Auswirkungen? Habe ich das Netzwerk vermisst? Hat es die Leute dort interessiert?
  5. Wenn Auswirkungen negativ für Ziele: Netzwerk verlassen. Wenn positiv: Netzwerk behalten.

Fazit

In seinem Buch beschreibt Cal Newport weitere Wege, Deep Work zu erreichen. Er legt auch dar, warum Deep Work so wichtig ist, was wir dadurch gewinnen können und was sonst noch dazugehört. Wen das Thema interessiert, dem sei das Buch empfohlen.

Ansonsten gibt es weitere Anregungen in unserer Podcastfolge:

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