Jörn Dege ist 1982 geboren. Nach seinem Abschluss in Mathematik hat er den Studiengang Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig absolviert. Heute ist er seit zehn Jahren Geschäftsführer, organisiert verschiedene Veranstaltungen und Festivals und gibt Kurse.

„Du hast dieses Studium selbst durchlaufen. Warum hast du dich damals dafür entschieden, literarisches Schreiben zu studieren?“

„Die ursprüngliche Motivation war, wie bei den allermeisten, die dieses Studium anfangen oder sich bewerben, ein dezidiert literarisches Interesse. Nicht nur Interesse an Literatur, sondern auch an der eigenen literarischen Entwicklung. Sicherlich auch die Vorstellung, eigene Texte zu veröffentlichen und so einen Grundstein für eine Karriere zu legen. Das hat sich bei mir anders entwickelt. Das ist bei nicht wenigen der Fall, dass sich das nochmal ändert im Laufe des Studiums, aber das war mit Sicherheit auch die Motivation ursprünglich. Ich kam aus einem Mathestudium. Was ganz anderes eigentlich. Ich glaube, hätte ich vorher gewusst, dass es sowas wie in Leipzig gibt, hätte ich mich wahrscheinlich schon vor dem Mathestudium dafür entschieden. Das war eher so ein Zurückkehren zum Schreiben und zur Literatur.“

„Hast du das Gefühl, dass du aus dem Mathestudium irgendwas mitgenommen hast, das dir beim Schreiben Vorteile bringt?“

„Es gibt schon Überlappungen. Es gibt einfach aus Sicht der Mathematik ein Gespür für Zusammenhänge innerhalb der Sprache – Mathematik ist ja auch eine Sprache, eine formalisierte, sehr genaue. Da sind die ganzen Sachen, die in der literarischen oder in der natürlichen Sprache interessant sind – diese Doppeldeutigkeiten und Missverständnisse oder dass da immer etwas mitschwingt, das nicht gesagt wird, das ja gerade literarisch interessant ist, das gibt es in der Mathematik nicht. Aber was es schon gibt, ist ein Blick für Muster und ein Gespür dafür, wie Teile ein Ganze ergeben. Aber das ist sehr unterschwellig. Ich glaube nicht, dass es mir sehr viel gebracht hat. [lacht]“

„Hast du vor deinem Studium geschrieben? In welchem Genre? Und schreibst du noch?“

„Ja, ich habe vorher geschrieben und das ist bei allen so, die bei uns das Studium anfangen. Man muss sich auch mit Texten bewerben. Man bewirbt sich eigentlich wie in einer Kunsthochschule mit einer Mappe, nur eben nicht mit Bildern, sondern mit Texten. Entsprechend war das bei mir auch. Davor habe ich ein bisschen geschrieben, auch zu Schulzeiten und in erster Linie Prosa. Ich habe mit erzählerischen Texten angefangen. Während des Studiums habe ich mich dann besonders für so literarisch-essayistische Texte interessiert, so hybride Sachen, wo es erzählerische Elemente gibt, aber auch Diskursives, Möglichkeiten, über Sachen nachzudenken. Das kannte ich vor dem Studium gar nicht. Ich schreibe tatsächlich wenig bis gar nicht mehr. Ich habe schon während des Studiums festgestellt, dass es mir mehr Freude macht, mit den Texten der anderen zu arbeiten. Das hat sich so fortgesetzt.“

„Muss man Schreiben studieren oder kann man es sich durch Kurse, Coachings oder einfach durchs Schreiben erarbeiten?“

„Man braucht kein Schreibstudium, um zu schreiben. Wenn man sich den Markt anschaut und was an Büchern so publiziert wird, ist es ja nach wie vor eine Minderheit an Autorinnen und Autorin, egal in welchem Genre, die so ein Studium hinter sich haben. Die allermeisten machen das ohne. Es ist keine Voraussetzung, es kann aber helfen. Es ist allgemein immer gut fürs Schreiben, wenn man Erfahrungswelten mitbringt, und sich nicht immer nur mit sich selbst beschäftigt oder mit dem eigenen Schreiben. Die meisten die sich in Leipzig bewerben oder da studieren, die bringen ein anderes Studium mit oder haben andere Erfahrungen gesammelt. Die meisten sind auch schon bei irgendetwas gescheitert. Das ist, denke ich, auch keine schlechte Voraussetzung.“ [lacht]

„Wie würdest du sagen ist der Altersdurchschnitt im Studium?“

„Das hat sich ein wenig verändert, vor allem seit wir den Masterstudiengang haben. In den letzten zehn Jahren hat es sich etwas differenziert. Im Bachelor ist es tendenziell etwas jünger, ich würde sagen im Schnitt Anfang/Mitte zwanzig, manchmal auch Richtung dreißig. Im Master sind die meisten unter dreißig, aber viele sind auch älter.“


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