Subtext ist, wie der Name schon vermuten lässt, der Text unter oder zwischen den Zeilen. Es ist das Unausgesprochene, das mit im Raum steht. Der Konflikt hinter passiv-aggressiven Aussagen. Dinge, die verschwiegen werden oder zu schmerzhaft sind, um in Worte gefasst zu werden. Warum der Subtext so wichtig ist – vielleicht sogar wichtiger, als der eigentliche Text – und was man beachten muss, wenn man ihn für sich nutzen will, erfahrt ihr auch in unserer Folge #137.

Warum ist Subtext so wichtig?

Der Mensch hat ein mMster suchendes Gehirn. Wir schaffen Sinn aus dem Chaos der komplexen Welt, die uns umgibt, indem wir einzelne Dinge zu Geschichten, Kausalzusammenhängen oder anderen Mustern zusammenfügen. So können wir sie navigieren. Wir können uns ein Bild davon machen, was vielleicht in Zukunft passieren wird, basierend auf Mustern, die wir in der Vergangenheit erkannt haben. Das ist überlebensnotwendig.

Weil das Gehirn automatisch so funktioniert, muss man davon ausgehen, dass auch ein Leser oder eine Leserin in einem Text nach Zusammenhängen sucht. Spannung entsteht, indem Fragen aufgeworfen werden. Und man kann seine Großmutter darauf verwetten, dass die lesende Person selbstständig versuchen wird, diese Fragen für sich zu beantworten. Dazu nimmt sie Informationen zur Hand, die sie im Text zuvor bekommen hat, wie Charaktermotivationen, Ereignisse, Aussagen, Thema etc. Auch greift sie auf Informationen zurück, die außerhalb des Textes existieren – Genrekonventionen, kulturelle Erwartungen, Zeitgeist und viele andere. All das fliest in den Akt des Lesens mit ein.

Um trotzdem die Leserschaft nicht zu verlieren, muss man als Autor*in einen Überblick darüber behalten, welche Informationen in jeder gegebenen Szene mit im Raum stehen. Damit lässt sich hervorragend spielen. Suspense – also Spannung – entsteht laut Hitchcock, wenn das Publikum mehr weiß als die Figuren. Wenn es die Bombe sieht, die unter dem Tisch liegt.

„Sie sollten nicht über solch triviale Dinge reden. Unter Ihnen befindet sich eine Bombe, die gleich explodieren wird!“

Alfred Hitchcock in „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ von François Truffaut.

Wie entsteht Subtext?

Subtext entsteht in den vorherigen Szenen.

Ein Pärchen trifft sich zum Abendessen. Paul redet kaum, während Peter ununterbrochen spricht. Er bemerkt das Schweigen seines Ehemannes, geht aber nicht darauf ein. Die Unterhaltung dreht sich um den erlebten Arbeitstag, den Einkauf, die Wochenendpläne.

An sich eine wenig interessante Szene. Wenn man nun jedoch weiß, dass Peter Paul in einer vorherigen Szene betrogen hat und Paul dies zufällig mitbekommen hat, weil er dabei war, Geld aus dessen Geldbörse zu stehlen, sieht die Sache anders aus. Jetzt stehen Konflikte im Raum. Wird Paul den Seitensprung ansprechen und dadurch verraten, dass er Geld gestohlen hat? Wird er so tun, als wäre alles gut? Kann Peter die Restaurantrechnung noch bezahlen?

Durch die Informationen, die der Leser oder die Leserin vorher erhalten hat, stehen plötzlich Fragen im Raum. Und das Muster suchende menschliche Gehirn verlangt nach Antworten.

Das ist eine Art, wie Subtext entsteht. Ein sehr grobschlächtiges Beispiel, wie ich zugebe. Es gibt viele Wege zum Subtext und einige davon sind filigraner. Sei es durch Beschreibungen von Mimik, Gestik und Verhalten eines Charakters, durch das Setting und die aufgeworfenen Themen, durch die Lügen eines unzuverlässigen Erzählers.

Es lohnt sich, genau zu überlegen, welchen Subtext man hat und wie man ihn beeinflussen kann.

Weitere Informationen und Gedanken zu dem Thema findet ihr in unserer Folge.

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